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...und weiter geht die Reise


die 10 touristischen höhepunkte senegals

  1. Phantastische Natur im Sine-Saloum-Delta
  2. Cafe Touba, schmeckt wie der Aufguss in einer finnischen Sauna
  3. Trinitaet aus Schrottplatz, Hinterhofwerkstatt und Busbahnhof in Kaolack
  4. Wild Party in der Mission Catholique in Kaolack, obwohl Zettel an den Zimmertueren darauf hinweisen, dass es sich um einen Ort der Ruhe und Kontemplation handelt
  5. Le Brasero, die Oase in Kaolack in Form eines feinen franzoesischen Restaurants
  6. Gazelle avec citron und dabei auf den Gambia-Fluss blicken
  7. Meine Gastfamilie in Dialakoto. Herzlichen Dank fuer die Gastfrundschaft und das leckere Essen
  8. Voegel beobachten am Gambia-Fluss in Kedougou
  9. Schnaufen und Grunzen der Hippos im Gambia-Fluss in Mako
  10. Idyllische Landschaft in der Gegend von Segou

04.01.2012


senegalesische unwägbarkeiten

Bin ich bisher ausnahmslos durch's platte Land geradelt, so wird es nun huegelig; die ersten Auslaeufer der Fouta Djalon Gebirges, mit Bergen von unter 2000 Metern sicher nicht das hoechste Gebirge dafuer aber eines der unbekanntesten. Die Vegetation wird gruener und das Klima angenehmer. Zumindest nachts kuehlt es soweit ab, dass zuweilen eine duenne Decke noetig ist. Kedougou ist die letzte Stadt im aeussersten Suedosten Senegals und, wie ihr euch denken koennt, ebenfalls keine Stadt, sondern ein mittelgrosses Dorf. Meine etwas teure Unterkunft (spezialisiert auf Grosswildjaeger) liegt traumhaft am Oberlauf des Gambia-Flusses und waehrend des Fruestuecks auf der Terasse oberhalb des Flusses bekomme ich mehr Vogelarten zu Gesicht als ein Ornithologe auf einer dreiwoechigen Expedition im Niokolo-Koba-Nationalpark. Auch beim Internet ist die Vielfalt der unzureichend funtkionierenden sogenannten Cyber-Cafes enorm. Ich lerne eine sehr besondere Spezie kennen, auf die ich lieber verzichtet haette. Der Staub und Dreck in jenem Cyber-Cafe uebersteigen die uebliche Dosis um ein Vielfaches, alles ist irgendwie fettig wie in einer ranzigen Frittenbude, waehrend die Hauptaufgabe der Tastatur die eines Aschenbechers ist. Um den Staub besser binden zu koennen, hat man einige Limonaden ueber die Tastatur gekippt, so dass diverse Buchstaben festklemmen und nur unter erhoehtem Kraftaufwand Resultate liefern. A la bonheure, so wie einst ein knorziger und zu Recht in Vergessenheit geratener Bundestrainer das Spiel seiner Mannschaft zu charakterisieren versuchte. Ich haette es lassen sollen, zumal der Computer bizarre Einstellungen hatte, die ich auf Franzoesisch nur schwer korrigieren konnte. Irgendwann, als ich gerade meinen Posteingang bearbeitete, begann der Computer selbstaendig und ohne Auftrag meine Mails zu loeschen. Ich konnte ihn weder davon abhalten noch sonstwie stoppen. Rien ne va plus. Notaus. Beim naechsten Cyber-Cafe musste ich 70 Mails aus dem Muelleimer recyceln.

Blueten in Mako

Ueberraschender Wintereinbruch in Segou, die Kinder sind noch skeptisch

Vermeintlicher Wasserfall in Dindefelo erweist sich als ein es tropft ein bisschen den Felsen herunter

30.12.2012


achtung schlafende löwen

Um von Tambacounda nach Kedougou, in den aeussersten Suedosten Senegals, zu gelangen, muss man den Niokolo-Koba-Nationalpark queren. Dieser ist angeblich die noch groesste existierende Wildnis in Westafrica. Es ist verboten, den Park ohne Auto zu erkunden, doch die Nationalstrasse RN7 fuehrt mitten hindurch und ich habe die Information, dass man auf dieser mit dem Fahrrad fahren darf. Es existiert jedoch keine Uebernachtungsmoeglichkeit oder sonstige Infrastruktur innerhalb des Parkes, so dass man die 120 km an einem Tag bewaeltigen muss. Ausserdem sollen manchmal Loewen auf der Strasse schlafen. Andererseits habe ich gehoert, dass Touristen auf Touren durch den Park nicht mehr an Tieren zu sehen bekommen als das was ich taeglich auf dem Rad sehe, naemlich divers Affenhorden. Unbemerkt verlasse ich Dar Salam, den offiziellen Parkeingang, bei Anbruch des Tages. Die kuehle Temperatur laesst mich in meinem kurzaermeligen Radtrikot leicht froesteln. Die ersten sieben Kilometer fuehren entlang der Parkgrenze bis nach Dienoundiala dem letzten Dorf, bevor die Strasse mitten durch den Park verlaeuft. Dort will ich etwas fruehstuecken, es gibt Baguette mit Schoko-Erdnusscreme aber noch keinen Cafe so frueh am Morgen. Ein Mann eilt nach Hause, um heisses Wasser fuer mich zuzubereiten, ich bekomme mehr Aufmerksamkeit als mir recht ist und schon ist der Besserwisser da. Es sei verboten, mit dem Rad durch den Park zu fahren, erklaert er mir, worauf ich ihn belehren muss, dass die RN7 sehrwohl fuer Fahrraeder zulaessig sei. Das sei aber gefaehrlich wegen der Loewen und ich muesse in so einem Fall am einen Kilometer entfernten Militaerposten eine Erklaerung unterschreiben, dass ich mir der Gefahr bewusst sei und in eigener Verantwortung handele. Ob der Loewe von so einem Formular Verdauungsstoerung bekommt?

Der Posten ist so frueh am Morgen verwaist und ich radele schnell vorueber. Danach pure Wildnis, mein Rad und ich. Nervoes betrachte ich die sich auf beide Seiten des Weges ersteckende Savanne. In dem hohen Gras laesst es sich prima verstecken und Toubabs gelten sicher als Delikatesse. Ich beginne laut und falsch (keine Absicht) zu singen, denn Laerm vertreibt auch die groesste Raubkatze. Auf einmal eine riesige Affenhorde vor mir auf der Strasse. Doch es ist immer das Gleiche, erst hoeren die Affen das wenig Geraeusche machende Fahrrad nicht und wenn sie das unbekannte Objekt entdecken, verschwinden sie flugs spurlos im Dickicht. Bis ich die Kamera zuecken kann, sind sie alle verschwunden. Etwa jede Viertelstunde taucht ein Fahrzeug auf bis gegen neun Uhr die ersten grossen Sattelschlepper durch den Park donnern. Es sind mehr als Hundert, die taeglich aus Mali kommend diese Route nutzen, was sicher dem ein oder anderen Loewen den Schlaf raubt. Ich bleibe weiter wachsam. Der Tag ist ideal fuer so eine lange Strecke, denn es ist leicht bewoelkt und bleibt somit lange angenehm kuehl. Ploetzlich vernehme ich verdaechtige Geraeusche im Gehoelz, das hoert sich nicht nach Affen an. Ich stosse laute Rufe aus, doch die Tiere lassen sich nicht vertreiben. Was ist das? Erschreckt bremse ich, doch ich bin schon viel zu nahe herangekommen. Ich entdecke zwei wildschweinartige Wesen im Dickicht, die mich aufmerksam beobachten. Ich wage es nicht, fuer ein Foto anzuhalten, sondern radele vorsichtig weiter. Noch zwei Mal sehe ich in groesserer Entfernung nicht zu identifizierende Tiere aehnlich einem schwarzen Panther oder grauen Wolf (kommen beide nicht im Park vor), dann erreiche ich am fruehen Nachmittag wohlbehalten die andere Seite des Parkes.

Neugierige Kinder in Dialakoto

Blick auf den Gambia-Fluss

Vorsicht Loewen

Suchbild Nilpferd im Gambia-Fluss

29.12.2012


die 10 touristischen höhepunkte gambias

  1. Bootsfahrt auf dem Gambia-Fluss mit phantastischer Wildnis entlang der Ufer
  2. Feel the vibes. This is little Jamaica
  3. Freundschaft mit einem Polizisten schliessen
  4. In einem Kanu von JangJang Bureh (camp) nach JangJang Bureh (town) paddeln lassen
  5. Geldautomaten-Roulette: Ihre Karte bitte!
  6. Affenhorde im JangJang Bureh Camp
  7. Africanisch Essen: Alle essen gemeinsam aus einer grossen Blechschuessel, immer von aussen nach innen
  8. Wracktauchen vor dem JangJang Bureh Camp
  9. Der Music des Dschungels lauschen im JangJang Bureh Camp
  10. Meine Gastfamilie in Fatoto. Herzlichen Dank fuer die Gastfrundschaft an Amadou und seine Familie

15.12.2012


uninformiert und ununiformiert

Auf verschlungenen Pfaden gelangte ich im auessersten Osten Gambias in das kleine Dorf Nyamara. Dort fragte ich zwei Mal nach dem Weg und wurde drei Mal um die Ecke geschickt und ploetzlich stand ich vor dem Grenzposten links des Weges. Rechts unter einem Schatten spendenden Unterstand lagerten einige Maenner davon zwei in Uniform. Die lokalen Sitten respektierend radelte ich zuerst dorthin, begruesste alle und wir tauschten uns bezueglich der Befindlichkeiten aus. Gerade als ich die Uniformierten ansprechen wollte, verlangte ein Mann in weiss-rotem T-Shirt und brauner Stoffhose, wie sich herausstellte der Chef des Grenzpostens, meinen Pass. Er durchblaetterte diesen leicht genervt, da er zwischen all den chinesischen Visa und anderen Stempeln keinen gambischen finden konnte. Schliesslich stiess er auf meinen letzten Ausreisestempel. "You already left the country. This is a problem!" Ich klaerte ihn ueber meinen Weg auf und fand auch den richtigen Einreisestempel, doch das stimmte den Ununiformierten nicht milder. Im Gegenteil er raunzte mich an: "You are going in and out of Gambia. So what is your problem?" "Aehmm" Was sollte ich da antworten. Irgendwie schaffte ich es den ausser Kontrolle geratenen Lkw aufs Kiesbett zu bringen und erhielt meinen Ausreisestempel. Hinter der nicht vorhandenen Schranke begann eine extrem schlechte Staubpiste, die nur selten von motorisierten Fahrzeugen befahren wurde, wie ich anhand der Spuren folgerte. Statt den senegalesischen Grenzposten zu erreichen, muendete die Piste ploetzlich in eine asphaltierte Strasse. Ich war im Senegal. Doch wo war der Grenzposten? Zwei Damen hatten das Pech, genau gegenueber der ein muendenden Strasse zu wohnen. Ich nervte sie so lange, bis ich die Auskunft bekam, ich muesse nach links, was sowieso meiner weiteren Richtung entsprach. Nach zwei Kilometern entdeckte ich den gut getarnten Grenzposten am rechten Strassenrand und der Rest war ein Kinderspiel.

Gehts hier zur Grenze?

Bruecke ueber den Gambia-Fluss (klassischer Stahlbau)

14.12.2012


richtung osten

In JangJang Bureh querte ich den Gambia-Fluss, denn auf der Nordseite endet die hervorragende teerstrasse am Faehranleger. Die auf der Suedseite verlaufende Strasse praesentierte sich aehnlich gut zumindest bis kurz vor Basse Santa Su, der groessten Stadt Gambias ausserhalb der Kuestenregion. Dieser Umstand liess mich eine gewisse Infrastruktur erwarten, doch Fehlanzeige. Die gute Strasse endete am nicht vorhandenen Ortsschild, ab dort bestand die einzige Hauptstrasse nur noch aus Teerflecken auf roter Erde. Die im Reisefuehrer empfohlene Unterkunft existierte nicht mehr, ein paar Absteigen haetten sich vielleicht finden lassen. Was tun? Ein Mann bracht mich einige Blocks abseits der Hauptstrasse, etwa am Ende einer Sandbank, zu einem Gebaeude, angeblich dem besten Hotel in der Stadt, auch wenn es weder einen Namen noch ein Schild hatte. Der Zustand des Etablissements war uneindeutig. War es noch im Bau, wurde es gerade abgerissen oder doch eher saniert? Als ich vorsichtig den desolaten Zustand ansprach, antwortete mir der Gambier "Problem, problem". Der Praesident, der sich vorbildlich in die Phalanx glorreicher africanischer Potentaten einreiht, hat ein neues Gesetz erlassen: Ein Hotel muss wie ein Hotel aussehen. Nun stapelten sich im Treppenhaus und in den Gaengen ausser sonstigem Bauschutt die Farbeimer. Auch in Gambia gilt: Bauliche Maengel lassen sich immer noch am besten mit viel frischer Farbe beseitigen. Im Prinzip endet Gambia in Basse, doch in meiner Karte war noch ein Ort verzeichnet, der sich ungefaehr eine Tagesetappe oestlich davon befindet. Also radelte ich weiter, nun auf einer Staubpiste. Es rollte ueberraschend gut auf dieser Piste, doch ich wurde zu meinem Verdruss immer wieder von vorbeifahrenden Autos bestaeubt. Als ich gegen Mittag in dem Ort namens Fatoto eintraf, musste ich feststellen, dass es sich um nicht viel mehr als ein africanisches Dorf handelte. Toubab verirrten sich nicht dorthin und so war es nur konsequent, dass es keinerlei Unterkunft gab. Die Polizei war diesmal nicht mein Freund und Helfer, ziellos radelte ich durch den Ort, bis ich den Gambia-Fluss erreichte, wo einige Maenner entspannt im Schatten sassen. Nachdem ich mit ihnen einen Tee getrunken hatte, bot mit ein Bootsmann namens Amadou, an, dass ich bei ihm naechtigen koenne. Selbstverstaendlich wurde ich von seiner Familie auch noch mit Essen versorgt.

Klassische Staubpiste

Meine Gastfamilie in Fatoto. Amadou arbeitet schon, links seine Mutter und rechts seine Frau

13.12.2012


affenhorde

Eine weitere Radetappe brachte mich nach JangJang Bureh, einen Ort der seitdem Ende der Kolonialzeit in einen Dornroeschenschlaf gefallen ist. Erlebenswert ist nicht der Ort selbst sondern das gleichnamige Dschungelcamp, das geruechteweise einem deutschen gehoert, doch die wahren Herren dieses wunderbaren Fleckens sind die Affen. Ueberall springen sie herum, jagen sich, hangeln sich durch die Baeumebalgen sich wie kleine Kinder und wer nicht aufpasst, dem klauen sie das Fruehstueck. Fuenf Tage verbrachte ich an diesem herrlichen Ort inklusive einer ganztaegigen Bootsfahrt auf dem Gambiafluss mit phantastischer Wildniss entlang der Ufer.

Abendstimmung am Gambiafluss

Faehre ueber den Gambiafluss

Nein, wir klauen kein Essen. Niemals.

...Yo no soy marinero...

04.12.2012


bei der polizei

Von nun an radelte ich am noerdlichen Ufer entlang des Gambia-Flusses, ohne dass dieser in Sicht war. Die Strasse war in hervorragendem Zustand und motorisierter Verkehr nahezu nicht vorhanden.Kleine Doerfer, in denen mir Kinder enthusiastisch ein "Toubab, Toubab" (Weisser) entgegenrufen, und manchmal springen Affen ueber die Strasse. Eine Idylle und doch passierte es, dass ich nicht nur einen Nachmittag sondern sogar die Nacht bei der Polizei verbrachte. Jeder Kreis in Gambia hat einen Polizeiposten und dieser liegt immer an einer Ueberlandstrasse. Alle vorbeifahrenden Fahrzeuge werden kontrolliert, was fuer nicht Gambier kein Zuckerschlecken ist. Auch auf meinem Fahrrad werde ich oft angehalten, aber nur um spontan mit mir Freundschaft zu schliessen. Meine Wegplanung hatte ergeben,dass der naechste groessere Ort fuer eine Tagesetappe zu weit entfernt ist und ich irgendwo naechtigen musste. Der einzige etwa auf halber Strecke liegende Ort in meiner Karte nennt sich Njau. Also gut Njau.

Kurz nach Mittag trudele ich am Polizeiposten von Njau ein. Entgegen den bisherigen Erfahrungen werde ich ignoriert. Niemand moechte mit mir Freundschaft schliessen. Doch ich will wissen, wo ich uebernachten kann. Nach dem ueblichen Austausch der Befindlichkeiten, den ich diesmal africanisch routiniert initiere, erfahre ich, dass es im Dorf keine Uebernachtungsmoeglichkeit gebe. Ich erklaere, dass ich ein Zelt dabei habe und dieses nutzen koenne. Die Polizisten diskutieren in Mandinka. Schliesslich bietet mir einer an, in seinem Zimmer zu uebernachten, er habe 24-Stunden-Dienst. Erfreut willige ich ein und werde zu dem Haus im Dorf gefuehrt. Dieses besteht aus zwei komplett getrennten Zimmern, die je zwei Tueren (vorne und hinten) ins Freie haben. Nebenan wohnt eine Kollegin. Das Zimmer ist sauber und aufgeraeumt mit einem breiten Bett. Hinter dem Haus im Freien befindet sich in einem Palmwedelverschlag das dachlose Badezimmer mit einer Eimerdusche. Die Toilette des Viertels ist leider defekt; die naechste ist auf der 500 Meter entfernten Polizeiwache. Nachdem ich mein Fahrrad im Zimmer geparkt und meine Taschen abgenommen habe, kehre ich zum Polizeiposten zurueck, wo ich den Rest des Tages verbringe. Ich werde zum Mittagessen eingeladen und bekomme africanischen Tee, dessen Zubereitung ein langes Ritual darstellt, zu trinken.

Njau Hotel #1

04.12.2012


freunde in uniform

Nachdem ich in Kaolack planmaessig aufgetankt hatte, strebte ich zurueck Richtung Gambia. Dabei rollte es so gut, dass ich mein urspruengliches Etappenziel im Senegal schon am spaeten Vormittag erreichte und spontan bis zur Grenze weiterradelte. Die Ausreise aus dem Senegal und die Einreise nach Gambia haetten unterschiedlicher nicht sein koennen. Waehrend der senegalesische Beamte routiniert bis gelangweilt und ohne den Austausch der ueblichen Floskeln bezueglich des allgemeinen und speziellen Befindens in Rekordtempo einen Stempel in meinen Pass setzte, wurde es auf gambischer Seite ein episches Werk. Vor dem Grenzhaeuschen, vor dem ich mein Gefaehrt ordnungsgemaess parkte, sassen drei Beamte. Kaum war ich abgestiegen, da bot der Erste mir schon spontan seine Freundschaft an. Diese konnten wir sogleich vertiefen, denn als der Mannherausgefunden hatte, dass ich Deutscher bin, gestand er mir, dass er Deutsche grossartig finde und dass es eine besondere Ehre sei, mit einem Deutschen befreundet zu sein. Ich konnte nicht widersprechen. Nachdem ich nun mit den beiden Anderen die ueblichen Floskeln ausgetauscht hatte und eine halbe Stunde vergangen war, fuehrte mich mein Freund ins Innere des verschachtelten Gebaeudes. Dort durchlief ich diverse Raeume, in denen ich in diverse Buecher eingetragen wurde, und schloss diverse Freundschaften, waehrend eine Beamtin fortlaufend ein Soap Opera schaute. Nur dem Chef des Postens war ich wohl suspekt, denn er unterzog mich einem halbstuendigen Verhoer. Als ich all dies ueberstanden hatte, erhielt ich meinen Pass mit den Worten "You will need to get a visa at the police station in Farafenni. We cannot stamp your passport!" zurueck. "What the fuck!" Das habe ich natuerlich nur gedacht. Deutsche brauchen wie die meisten Europaeer kein Visum fuer Gambia. Ich musste mich dem Schicksal fuegen. In Farafenni bekam ich dann unter Freunden einen simplen Stempel in meinen Pass. Geht doch.

Flamingos

Chamaeleon auf ungewohntem Terrain

Kein Baobab

04.12.2012


il fait chaud

Heute muss ich zuerst eine Beschwerde loswerden. Wieso hat mich niemand gewarnt, dass es in Africa so verdammt heiss ist. Das haette mir doch mal jemand sagen koennen. Dass es warm werden wuerde, war mir klar, aber diese brutale Hitze. Der Morgen liess sich noch gut an bei angenehmer Temperatur und gut asphaltierter Strasse. Die erste Haelfte der Strecke radelte ich locker in zwei Stunden, wobei ich direkt am Strassenrand eine Horde Affen aufstoeberte. Kurz nachdem ich den ersten groesseren Ort passiert hatte, wurde aus der vorbildlich asphaltierten Strasse eine Schlaglochstrecke, die einen Kilometer spaeter einfach in einer Staubpiste endete. Hatte ich einen Abzweig verpasst? Die entgegenkommenden Fahrzeuge mit DK-Nummernschild (fuer Dakar), die mich jeweils in eine Staubwolke huellten, waren ein Indiz, dass ich richtig war, obwohl ich auf der falschen Strasse fuhr. Nach einigen muehsamen Kilometern tauchte ohne Grund erneut Asphalt auf der jedoch nach einem Kilometer wieder endete. Ein africanisches Raetsel. Dieses Spielchen wiederholte sich noch fast ein Dutzend mal, bis ich wieder perfekten Asphalt unter den Raedern hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte schon ein infernalischer Gegenwind eingesetzt, der mich fasr stehen bleiben liess. Im so genannten "Winter" blaest der Harmattan, ein strammer, trockener Wind, der aus der Sahara kommt und mir nun gleich einem ueberhitzten Foen die Haare buegelte. Dazu brennt meine Haut wie Feuer und die Zehen am rechten Fuss stehen kurz davor sich selbst zu entflammen. Das sind Nebenwirkungen der Anti-Malaria-Drogen, die ich taeglich einwerfe; also alles im gruenen Bereich. Es wurde immer heisser, links der Strasse tauchte eine Art Salzsee auf und am Horizont flimmerte Kaolack mein Ziel.

Ich wurde fuer die Strapazen entschaedigt. Faehrt man aus Richtung Sueden kommend nach Kaolack hinein, so bietet sich dem ueberraschten Touristen ein grandioses Spektakel. Eine unvergleichbare Trinitaet aus Schrottplatz, Hinterhofwerkstatt und Busbahnhof saeumt die Nationalstrasse N5 auf einem Kilometer Laenge. Blech, Gummi, Schraubenschluessel, Schweissgeraete, oelverschmierte Mechaniker und tadellos gekleidete Passagiere (im Gegensatz zu mir sind Africaner trotz all des Staubes und Schmutzes immer sauber und ordentlich angezogen) vermengen sich zu einem grossen Ganzen. Hier gilt das Motto: Eben noch auf dem Schrottplatz nun schon vollgestopft mit Passagieren. Dass es gleich losgehen koennte ist jedoch eine Illusion, denn erst einmal wird noch fleissig herumgeschraubt und -geschweisst. Obwohl Kaolack fast 200.000 Einwohner hat, ist es keine Stadt im herkoemmlichen Sinne, sondern vielmehr eine Agglomeration von Staub, Sand, Bauschutt, Wellblech und Plastikmuell.Die eine Haelfte davon ist made in China und wird auf dem lokalen Markt, angeblich der groesste in Westafrika, verhoekert.

Senegalesische Wattkuehe. Ein Exportmodell fuer die Nordsee?

Africanisches Dorf

Kaolack aus sicherer Entfernung

Mission Catholique

03.12.2012


bilderbuchafrica

Gambia ist ein kleines Land, sogar das kleinste Land Africas, wobei es sehr lang und schmal ist, jeweils nur ein winziger Streifen rechts und links des Gambia-Flusses. Passt man nicht auf und nimmt die falsche Richtung, hat man es schnell verlassen. So ist es mir passiert. Einmal nur leicht in die Pedale getreten und schon war ich im Senegal. Gambia hatte sich auf unruehmliche Art verabschiedet.In Banjul hatte ich die billigen Absteigen in Hafennaehe gemieden ud war stattdessen im vom Reisefuehrer empfohlenen Princess Diana Hotel abgestiegen. Dort stellte ich zu spaet fest, dass die Matratze mit Bettwanzen und evtl. noch anderem Ungeziefer verseucht war. Schlussendlich habe ich auf dem Bett gezeltet (Die Heringe waren dabei nur schwer fachgerecht zu veankern), was nicht gerade komfortabel war.

Dafuer fing die zweite Radetappe gut an, sobald ich den Senegal erreicht hatte. Ich radelte auf einer bestens asphaltierten Strasse, auf der sich hauptsaechlich Eselskarren und tropische Tausendfuesser tummelten und hoechstens alle zehn Minuten mal ein Buschtaxi vorbeitrudelte. Dabei blickte ich auf eine africanische Bilderbuchlandschaft: Baobabs, Elefanengras, Mango-Baeume (zurzeit leider keine Saison) und ab und zu ein archaisches Dorf mit strohgedeckten Lehmhuetten. Mein Etappenziel war Toubakouta, ein idylisch im Sine-Saloum-Delta gelegenes Dorf. Das Delta besitzt Weltnaturerbestatus aufgrund seiner intakten Mangrovenwaelder und des unglaublichen Vogelreichtums. Eine grandiose Landschaft. Nur der Blick vom Fluss auf das Dorf wird durch einige LUxusherbergen getruebt, die unzureichend in die natuerliche Topologie eingepasst wurden. Eine nicht ganz billige Fahrt in einer Piroge, die ich mangels anderer Touristen alleine machen musste, hat sich mehr als gelohnt.

Blick vom Gambia-Fluss auf Banjul

Faehre ueber den Gambia-Fluss

Sine-Saloum-Delta

Mangrovenwald aus der Naehe betrachtet

29.11.2012


alltag in gambia

Der Mond, dessen Macht unterschaetzt wird, beeinflusst in Gambia das taeglich Leben und insbesondere die sensible Technik. Internet, Strom und Geldautomaten funktionieren mal und mal nicht. Ob man gerade Glueck oder Pech hat, richtet sich nach dem Gezeitenkalender, den jedoch niemand vorauszusagen vermag. Gambier nehmen das mit Galgenhumor und kompensieren diese Unwaegbarkeiten mit Freundlichkeit und Lockerheit, was jedoch meinem ambitionierten Reiseblog nicht weiterhilft. Dagegen habe ich auf Geldautomaten, die sich launisch, zickig, geizig und unpaesslich benehmen, einen Hass entwickelt. Bei nun neun Versuchen an sieben verschiedenen Automaten, habe ich nur ein mal Geld erhalten. Letztlich hat es ein Automat besonders wild getrieben. Nach dem ueblichen Prozedere und kurz bervor der Automat die Kohle haette herausruecken muessen, begann auf dem Bildschirm "Please wait!" zu blinken. Das tat ich dann auch. Fuenf Minuten spaeter, das Ding unverdrossen mit der gleichen Botschaft blinkend, wurde ich nervoes und drueckte auf 'Cancel', worauf mir der Automat unveraendert "Please wait!" entgegenblinkte. "Fuck." Das Geld hatte ich laengst abgeschrieben, ich wollte nur noch meine Karte zurueck. Verzweifelt drueckte ich alle verfuegbaren Knoepfe. "Please wait!" Gerade als ich ihm einen wohlverdienten Fusstritt verpassen wollte, rueckte er meine Karte heraus, ohne Geld natuerlich. Nun folgte die Kroenung der Dreistigkeit, den auf dem Bildschirm durfter ich lesen: "Thanks for banking with SF-Bank. We are proud to serve you!"

Nun folgend ein paar Impressionen von meinem Start in Gambia

Nebenstrasse

Baobab mit Affenbrot

Hauptstrasse

Start mit dem Fahrrad

18.11.2012


endlich in africa

Es ist vollbracht. Die modrig muffige Luft der Tropen empfaengt mich am Flughafen in Banjul. Stockfinstere Nacht, immer noch mehr als 30 Grad und ungefaehr 99% Luftfeuchtigkeit sind keine so schlechte Wahl verglichen mit dem deutschen November. Am Gepaeckband warte ich sehnsuechtig auf mein Fahrrad dessen Verpackung am Vortag fast gescheitert waere. Von einem lokalen Fahrradhaendler hatte ich einen kostenlosen vermeintlich grossen Karton erhalten in dem mal ein Mountainbike gesteckt hatte. Doch mein Trekkingrad war trotz Demontage des Vorderrades irgendwie laenger. Zurueck zum Haendler und den Karton reklamiert wegen fehlender Laenge. Laenger gibts nicht, beschied mir dieser. Auch mehrmaliges Nachmessen seiner immer lagernden Kartons brachte keinen laengeren zutage. Der Mann riet mir, das Fahrrad soweit zu zerlegen wie moeglich. Nach Demontage des Vorderrades, des vorderen Schutzbleches, der muehsam montierten Halterungen fuer die Gepaecktaschen, des kompletten Lenkervorbaus und Drehen der vorderen Gabel um 180 Grad, was diverse Kabel gefaehrlich verzwirbelte, war der Fahrradtorso immer noch einige Zentimeter zu lang. Was tun? Ich mass nochmals nach. Nix zu machen. Entgegen der Schulmathematik zwaengte ich den Fahrradtorso in den Karton, der jeden Augenblick zu platzen drohte. Nun schaute nur noch der Sattel, dessen Demontage ein Leichtes war, oben hinaus. Klappe zu und ganz viel Klebeband drumherum. Konnte das gut gehen?

Statt meines Fahrrades spuckt das Gepaeckband nur Touri-Koffer aus. Dann kommt das erste afrikanische Gepaeckstueck und zum Erstaunen der umstehenden Gambier zerre ich es vom Band. "Is that yours?" Normalerweise transportiert der Ghanaer in so einer Tasche seine Yamswurzeln und bei uns firmiert Derartiges nur unter politisch unkorrekten Bezeichnungen wie Tuerkenkoffer oder Polentasche. Nach kurzer Diskussion darf ich mein Gepaeckstueck behalten. Der Karton mit dem Rad wird als Sperrgepaeck von Hand hereingetragen. Mein Spezialgepaeck erregt die Aufmerksamkeit der Menge, wa einen Zollbeamten animiert, sich das Ganze geanuer ansehen zu wollen. Jedes Gepaeckstueck laesst der Zoll bei der Einreise nach Gambia durch einen Scanner laufen. Dass sich der Scanner an meinem Karton verschlucken wuerde, ist dem Mann auch klar, foerdert aber seine Neugier. "What is inside?" "A bike" "How to check it?" Es droht ein Aufmachen des Kartons und Entnahme des sorgsam verpackten Inhalts. Ich biete ihm an, durch die zwei Loecher, die als Tragegriffe dienen, einen Blick ins Innere des Kartons zu werfen. Der Zollbeamte schielt durch die Sehschlitze, hat aber Muehe im schummrigen Licht des Flughafens etwas zu erkennen. Nach einer Weile verkuendet er stolz, ein Fahrrad identiefiziert zu haben. Ich bestaetige: "Yes, it's a bike". Daumen hoch und schnell durch den Zoll durch. Ich bin in Afrika angekommen.

Hier folgt nun die Reinkarnation meines Fahrrades.

12.11.2012


vorbereitungen

Nach unzähligen Impfungen, wobei ich unter anderem Himbeerbrausepulver angereichert mit Cholera-Viren geschluckt habe, und dem Erhalt meines dritten internationalen Impfausweises - dank der Bürokratie bei der WHO – bin ich nur vordergründig gut gewappnet für die gesundheitlichen Risiken, die mich erwarten werden. Furchteinflößender sind jene Krankheiten gegen die es noch keine Impfmöglichkeiten gibt und die potentiell entlang meiner geplanten Route auftreten. Hier eine Auflistung der illustren Viren und Bakterien: Giardiasis, Malaria (immerhin Prophylaxe möglich), Guinea-Würmer, Leishmaniasis, Dengue-Fieber, Flussblindheit, das berüchtigte und mit Ebola verwandte Lassa-Fieber, Schlafkrankheit und Elephantitis. Es ist gut diese Krankheiten alle einmal gelesen zu haben, aber besser man beschäftigt sich nicht intensiver damit, sonst endet die Reise, bevor sie überhaupt begonnen hat.

Nicht einmal vorsichtig Herantasten kann ich mich an dieses Waffenarsenal der ungezähmten Natur, denn mein Traum, mit einem Frachtschiff von Antwerpen nach Dakar, einst Ziel einer längst vergessenen Rallye, zu reisen, ist geplatzt wie eine Pestbeule. Die einzige Reederei, die irgendeinen Hafen in dieser Weltgegend anläuft, schifft in Dakar keine Passagiere mehr aus, da sie angeblich Ärger mit den lokalen Behörden hat. Da der nächste Halt mit Ausstiegsmöglichkeit entweder Buenos Aires oder Cotonou in Benin ist, blieb mir nichts anderes übrig, als einen Flug zu buchen. Am 9. November fliege ich nun mit der Condor nach Banjul in Gambia und von dort will ich Westafrika mit dem Fahrrad erkunden.

noch 2 tage bis abflug


vorbemerkungen

Dieser Reiseblog ist absolut handgestrickt und kein vorgekautes Fertigmenu, das mit Maggi aufgepeppt wurde. Dafür biete ich Euch eine kunterbunte, liebevoll und individuell gestaltete Seite mit einem facettenreichen Potpourri.
Sollte es zu technischen Unzulänglichkeiten kommen, bin ich für Verbesserungsvorschläge dankbar. Wer jedoch den gewohnten Webstandard vermisst oder irgendein 2.0 sucht, der ist hier nicht richtig.

noch 3 tage bis abflug


© by Oliver Schäfer